lm Schutz und Schatten der Boeler Pfarrkirche lebten und wirkten die Vorfahren der Schnettlers; recht und schlecht und in der Furcht des Herrn‘ bis eines Tages einer von ihnen auf den Gedanken kam, seine angestammte Boeler Heimat zu verlassen und sich in Eckesey an der Geltebrücke niederzulassen. War es nun Sehnsucht nach der alten Heimat oder die Hoffnung, dort bessere Geschäfte machen zu können – jedenfalls kehrte einer von ihnen (es wird weiter unten noch von ihm die Rede sein) eines guten Tages als verlorener Sohn wieder in das Land seiner Väter zurück. Er scheint die Zeichen der Zeit – die bekannten ,,Gründerjahre“ – verstanden zu haben und gründete im Herbst 1878, also vor 135 Jahren, eine Schlachterei‘. Er legte damit den Grundstein zu dem heutigen Geschäftsunternehmen und ist somit der Stammvater der bekannten Boeler Metzger-Dynastie Schnettler.
Wie bereits erwähnt, gehören die Schnettlers zu den ältesten Boeler Familien; und wie alle alten Boeler können auch sie ihr westfälisches Erbe nicht verleugnen. Auf sie trifft zu, was der Dichter Wilhelm Weber in Dreizehnlinden von seinem Helden ,,Elmar, Herr vom Habichtshofe“ berichtet:
Rügt es nicht, wenn ich den Helden
in der Heimat Farbe male.
Dünkt er manchmal euch ein Träumer,
nun er war ja ein Westfale:
zäh, doch biegsam, herb, doch ehrlich,
ganz wie ihr und euresgleichen,
ganz vom Eisen eurer Berge,
ganz vom Holze eurer Eichen.
Wenn nun allerdings P. D. Frommann in seinem oben erwähnten Heimatbuch feststellen zu müssen glaubt, dass viele gewerbliche Betriebe in der Gemeinde Boele ,,fast ausnahmslos von unternehmerischen Personen aus der Umgebung und nicht von altansässigen Gemeindegliedern gegründet“ worden seien, so haben jedenfalls die alteingesessenen Schnettlers in ihrem nunmehr 100-jährigen Geschäft durch vier Generationen hindurch wohl das Gegenteil bewiesen.
lm Hagener Raum trägt den Namen Schnettler bereits 1570 ein,,Mahlgenosse“, ein lnteressent der Hagener Mühle. ln den Annalen der Boeler Chronik finden wir indes die Familie Schnettler erst nach dem Dreißigjährigen Kriege. Mit einem Gewinnbrief vom 7′ April 1681 verpachtete Dietherich Casper Bernd von Ovelacker den sogenannten Kramers Kotten an die Eheleute Johann und Grete Nottebaum genannt Schnettler, mit der Verpflichtung, jährlich zu Martini 9 Malter Hafer, 1 Taler Krautgeld, 10 Hühner, 1 Gans und 10 Schilling (Pfennigsgeld) an das Haus Niedernhof-Hengstey zu liefern und 4 Leibdienste (Mähdienste) zu leisten. ln den Registern des Kirchenbuches von St‘ Johannes Baptist in Boele ist vereinzelt noch die ursprüngliche Berufsbezeichnung Schnetzler oder Schnitzler als Name für mehrere Kotten oder Familien Schnettler angegeben.
Der Stammhof der Familie Schnettler lag im Ortskern Boele, dort, wo der lngenieur Richard Engelhardt nach Abbruch dieses Stammhauses 1929 einen Neubau errichtete, Denkmalstraße Nr. 4. Gleich nördlich dieses alten Bauernhauses, das sich als Fachwerkbau mit Walmdach von den übrigen mit Satteldächern versehenen Gehöften im Dorfe abhob, hatte Johann Heinrich Schnettler eine Schmiede, und zwar dort, wo heute die Gaststätte ,,Westfaleneck“ steht, Schwerter Straße 144. Die zusätzliche, heute in Boele noch gebräuchliche Bezeichnung Schnettler-Schmittenpöter kennzeichnet die besondere Betätigung des Hofinhabers als Schmied, speziell als Hufschmied.
1842 übergaben die Eheleute Johann Heinrich Schnettler und Anna Catharina geb. Schülmann ihr Anwesen der ältesten, im Jahre 1808 geborenen Tochter Gertrud, die den Hufschmied Wilhelm Küthe aus Höringhausen (Hessen) geheiratet hatte. Sie selbst siedelten nach Eckesey über, wo sie 1841 den Kotten Borggräfe an der Geitebrücke gekauft hatten, bewirtschafteten ihn und richteten dazu für ihren ältesten, im Jahre 1812 geborenen Sohn Friedrich eine Wirtschaft ein.
Aus der Ehe dieses Friedrich Schnettler mit Josefine geb. Theile aus Drolshagen entspross der Vater von Dr. Otto Schnettler, der, ebenfalls Friedrich geheißen, Ende der 70er Jahre des vorletzten Jahrhunderts in die Heimat seiner Ahnen, nach Boele, zurückkehrte und in der Dorfmitte, südlich der katholischen Kirche, in dem heute noch stehenden, damals Theodor Struck gehörenden Hause Kirchplatz Nr. 3 eine Mietwohnung bezog und ein Metzgereigeschäft einrichtete.
1900 erwarb der Vater von der Erbengemeinschaft Lammert käuflich zwei im Scheitelwinkel Kirch-Hospitalstraße gelegene und seit 1888 in Pacht gehabte Häuser, die von den Nachkommen zu einem modernen Fleischerei-Geschäftshaus größeren Formats ausgebaut wurden.